Schmackhafter, gesünder und nachhaltiger geht’s nicht: Gemüse, das in der Region biologisch produziert, von Hand gepflegt und im reifen Zustand geerntet wird, ist ein Genuss für Gaumen, Körper und Umwelt. Marktgärtnereien, Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) und Selbsternteflächen bringen diese Idee auf den Punkt – und die Menschen der Region direkt mit ihren Lebensmitteln in Verbindung.
Allen drei Konzepten liegt der biologische Anbau zugrunde. Im Mittelpunkt steht der lebendige Boden, der durch humusmehrende und -schonende Bewirtschaftung gepflegt wird. Gründüngung, Mist und Kompost schließen lokale Nährstoffkreisläufe und nähren das Bodenleben. So bleiben die Bodenfunktionen Lebensraum, Puffer, Filter und Speicher langfristig erhalten. Die krümelige, schwammartige Struktur von gesundem Boden macht ihn aufnahmefähig und er kann Starkregen und Trockenphasen besser ausgleichen. Organisch gedüngter Boden versorgt die Pflanzen optimal. Er verbessert daher die Qualität der Ernteprodukte und erhöht die Ertragssicherheit. Auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Gentechnik wird verzichtet. Stattdessen wird auf standortgerechte Sorten, mechanische Unkrautbekämpfung und natürliche Schädlingsregulation durch Nützlinge gesetzt. Gleichzeitig entfällt die energieintensive Produktion von Mineraldüngern – ebenso wie die Gefahr der Auswaschung von Nitrat und Pestiziden ins Grundwasser.
Handarbeit statt Schwergewicht. Die Bewirtschaftung der Flächen erfolgt weitgehend in Handarbeit statt mit schweren Maschinen. Das schützt die Bodenstruktur vor Verdichtung und ermöglicht eine dreidimensionale Nutzung der Fläche. Nach der Ernte lassen sich Zeilen sofort wieder neu bepflanzen, wodurch eine standortgerechte Vielfalt an Kulturpflanzen optimal zum Einsatz kommt. Begrünte Wege zwischen den Reihen ermöglichen, dass die händische Pflege und Ernte auch kurz nach Regen, wenn der Boden empfindlich ist, fortgesetzt werden kann. Gleichzeitig unterstützt die Arbeit in kleinen Strukturen die regionale Wirtschaft und schafft lebendige Begegnungen zwischen Erzeugenden und Konsumierenden.
Frisch, reif und unverpackt. Marktgärtnereien, SoLaWis und Selbsternteprojekte versorgen Kundinnen und Kunden in der Region. Sie können fertig zusammengestellte Gemüsekisterl wöchentlich erhalten, selbst zusammenstellen oder in Eigenregie ernten. Weil keine langen Transportwege nötig sind, kann das Gemüse reif geerntet werden – ein entscheidender Vorteil für Geschmack und Nährstoffe wie Antioxidantien und Aromastoffe. Kurze Wege bedeuten auch: keine industrielle Vorverarbeitung und kein überflüssiger Verpackungsmüll.
Im Grand Garten in Absdorf wachsen über 50 Gemüse- und Kräutersorten.
Selbsternte: So kann man auch ohne eigenen Garten Gemüse anbauen, pflegen und ernten. Bei Natürlich & Wild in Maria Enzersdorf wachsen v. a. Karotten und Paradeiser in verschiedensten Variationen.
Gemeinsam für Klimaresilienz. Viele kleine Betriebe statt einer zentralen Großproduktion – das erhöht die Vielfalt und senkt das Risiko bei Extremwetterereignissen. Unterschiedliche Standorte, Arten und Sorten machen das gesamte System widerstandsfähiger. Wer über Marktgärtnerei, SoLaWi oder Selbsternte mit Gemüse versorgt wird, geht eine langfristige Partnerschaft ein. Kundinnen und Kunden beteiligen sich mit einem fixen Beitrag am Betrieb und tragen auch ein Stück des Risikos für Ernteausfälle. Dafür erhalten sie nicht nur frisches Bio-Gemüse, sondern auch Einblicke in die Lebensrealität nachhaltiger Bio-Betriebe, den Wert der Arbeit und die Schönheit regionaler Kreisläufe.
Marktgärtnerei, SoLaWi oder Selbsternte – wo liegt der Unterschied? In einer Marktgärtnerei bewirtschaften Landwirtinnen und Landwirte die Flächen professionell. Kundinnen und Kunden schließen meist ein Jahresabo für Gemüsekisterl ab, wobei oft verschieden große Optionen zur Auswahl stehen.
In einer SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft) arbeiten die Abonnierenden unter professioneller Anleitung aktiv mit – beim Pflanzen, Pflegen oder Ernten. Viele Betriebe bieten feste Mitmachtage an oder laden zu Hoffesten ein. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl und lässt Verbraucherinnen und Verbraucher erleben, wie viel Handarbeit im Gemüse steckt. Selbsternte ermöglicht es Privatpersonen, komplette Parzellen zu pflegen und zu beernten – teilweise schon bepflanzt, teilweise frei für eigene Experimente. Je nach Anbieter stellen die Betriebe auch Werkzeuge, Jungpflanzen und Rastplätze zur Verfügung und geben den einen oder anderen Rat. Frisches, regionales Bio-Gemüse gibt es hier zum unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis – wenn man die Zeit und Energie investiert, die biologische Gemüseproduktion benötigt.
Marktgärtnerei Grand Garten. Im Grand Garten in Absdorf wachsen mehr als 50 Gemüse- und Kräutersorten im Freiland und Folientunnel – von Jänner bis Dezember. Eine angrenzende Hecke mit Biodiversitätsstreifen fördert Nützlinge und reduziert den Wasserbedarf. Alfred Grand kombiniert ökologischen Gemüsebau, Forschung und Ausbildung zu einem lebendigen Gesamtkonzept. Für seine innovativen Ansätze wurde er kürzlich als einer der „Top 50 Farmers“ Europas ausgezeichnet.
Selbsternte Natürlich & Wild, Maria Enzersdorf. Renate Weber brennt seit ihrer Kindheit für die Vielfalt an Formen, Farben, Lauten und Gerüchen der Natur. Auf ihren Selbsternteflächen wachsen Karotten und Paradeiser in allen Farben und Formen. Garteln ist nicht nur Gemüseproduktion, sondern eine Wohltat. Ihr Anliegen ist es, die Freude an der Natur und an der selbstgezogenen Ernte weiterzugeben. Besonders für Kinder ist der direkte Kontakt mit dem Boden und den Pflanzen unbezahlbar: Sie lernen, was alles im Garten kreucht und fleucht, wie Gemüse wächst – und dass Perfektion keine Frage der Form ist.
Fazit. Ob SoLaWi, Selbsternte oder Marktgärtnerei – wer sich für regionales Bio-Gemüse entscheidet, tut nicht nur sich selbst etwas Gutes, sondern stärkt auch die regionale Wirtschaft, schützt das Klima und fördert lebendige Böden. Diese wiederentdeckten Formen der kleinstrukturierten Landwirtschaft (zum Teil haben sie vor allem während der Covid19-Pandemie wieder stark an Bedeutung gewonnen) zeigen: Nachhaltigkeit kann köstlich sein – und beginnt direkt vor unserer Haustür.
Erste Schritte zur Selbstversorgung
Frische Vielfalt aus eigenem Anbau beschreiben Katja Batakovic, Anna Leithner, Theresa Bachmayr, Marlis Pardeller, Martina Wappel und Bernhard Haidler. Hrsg.: Natur im Garten, Cadmos Verlag GmbH 2025
Wie der Anbau im eigenen Garten, auf dem Balkon oder auf der Fensterbank gelingen kann, vermittelt dieses Buch anschaulich und praxisnah. Es werden verschiedene Anbausysteme vorgestellt, Basiswissen vermittelt und geeignete Arten und Sorten empfohlen. Von Gemüse und Kräutern über Obst bis hin zu Sprossen und Speisepilzen ist das Buch eine Erfahrungsschatzkiste für die Selbstversorgung im Kleinen wie im Großen – mit vielen Tipps und Querverweisen auf das breite Angebot von „Natur im Garten“.
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Unser Boden ist ein komplexes, lebendiges System, das über Jahrtausende gewachsen ist. In einer Hand voll gesunder Erde tummeln sich mehr Klein-Lebewesen als es Menschen auf der Erde gibt: Dazu zählen Mikroorganismen, wie Bakterien und Pilze, aber auch Regenwürmer, Asseln, Käfer und viele mehr. Und der Boden, also die oberste Schicht unseres Planeten, liefert rund 90 Prozent unserer Nahrung. Er bildet also für uns Menschen die Grundlage und Basis zur Nahrungsmittelproduktion. Außerdem erfüllt er auch andere wichtige Funktionen: Er speichert und filtert Wasser, liefert Nährstoffe bzw. macht sie für Pflanzen verfügbar, puffert Schadstoffe und bietet Pflanzen Halt. Boden ist weit mehr als bloßer Untergrund, auf dem Pflanzen wachsen. Er ist ein hochkomplexes, lebendiges System – ein empfindliches Gefüge aus mineralischen Bestandteilen, organischer Substanz, Wasser, Luft und unzähligen Mikroorganismen.
Bodenschutz ist Vorsorge. Fruchtbare Böden sind dennoch keine Selbstverständlichkeit. Erosion, Verdichtung, Versiegelung oder auch Übernutzung sind globale Probleme. Auch in Österreich gehen jährlich mehrere Quadratkilometer wertvoller Boden verloren. Es dauert Jahrzehnte, bis sich wenige Zentimeter fruchtbarer Oberboden wieder neu bilden. Humusaufbau, schonende Bearbeitung und vielfältige Fruchtfolgen stärken die natürliche Bodenfruchtbarkeit und machen die Landwirtschaft klimaresilient. Ein gesunder Boden kann auch Wetterextremen eher standhalten. Biologisch wirtschaftende Betriebe – so auch Marktgärtnereien, solidarische Landwirtschaften oder Selbsterntefelder – setzen gezielt auf den Aufbau und Erhalt dieser Bodenfruchtbarkeit. Hier weiß man: Ein gesunder Boden ist die Basis für eine nachhaltige Ernährung.
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